03. November 2021
Zwei Drittel der Akteure im Kultursektor bleiben 2022 auf Unterstützung angewiesen - eine Umfrage zeigt langanhaltende Folgen durch Covid für die Kultur
Die vom Forschungsbüro Ecoplan im Auftrag der Taskforce Culture durchgeführte Umfrage hat im Oktober untersucht, wo die Kultur in der Schweiz am Ende des zweiten Pandemiejahres steht und was ihre Zukunftsaussichten sind. Daraus geht klar hervor, dass die Kulturbranche noch weit weg von ei¬ner Normalisierung ist.
Aufgrund der deutlichen Ergebnisse dieser Studie ruft die Taskforce Culture das Parlament dazu auf, die wichtigen Covid-Unterstützungsmassnahmen bis Ende 2022 zu verlängern – neben den Kulturmassnahmen auch gesamtwirtschaftliche Instrumente. Ein Stopp der Unterstützung auf Ende Jahr wäre enorm schädlich für die weiterhin Betroffenen und würde die geleistete Hilfe der vergangenen Monate leichtfertig relativieren. Die verschiedenen Unterstützungssysteme decken zwar nur das Nötigste, erweisen sich aber als wirkungsvoll und ihre Bearbeitung funktioniert inzwischen nahezu einwandfrei und effizient.
Corona-Unterstützungsmassnahmen waren überlebenswichtig …
Die Ergebnisse der Umfrage zeigen sehr deutlich die Wichtigkeit der Unterstützungsmassnahmen von Bund und Kantonen in der Pandemie. 2020 machten sie bei den befragten Kulturschaffenden fast ein Drittel ihres Einkommens aus, 2021 immer noch mehr als ein Viertel. Trotzdem haben zwei Drittel der Teilnehmenden 2020 weniger als 80% der Vorjahreseinkommen erzielt, notabene inklusive Unterstützungsgelder. Damit ist auch der Anteil von Kulturschaffenden, deren Jahreseinkommen weniger als CHF 40’000 beträgt, von 46% (2019) auf 61% (2020) bzw. 57% gestiegen (2021). Die äusserst angespannte Lage zeigt sich auch mit Blick auf die Kulturunternehmen: Fast drei Viertel gaben an, dass der Umsatz im vergangenen Jahr unter 80%, und bei knapp der Hälfte sogar unter 40% der vor Corona üblichen Zahlen lag – Umstände, unter denen Unternehmen kaum ohne Unterstützung überlebensfähig sind. Noch drastischer zeigt sich das bei den Ticket(vor)verkäufen: 2020 lagen diese für fast die Hälfte der befragten Kulturunternehmen bei unter 20%, die bisherigen Zahlen für das aktuelle Jahr sind nur geringfügig besser. Schliesslich ist das Bild auch bei den Kulturvereinen ähnlich dramatisch: 2020 hatten 61% der Be¬fragten weniger als 20% der regulären Einkünfte, im laufenden Jahr befindet sich immer noch gut die Hälfte auf diesem äussert tiefen Niveau.
… und bleiben essenziell – bei klarer Absage an rückzahlbare Darlehen
Laut der aktuellen Fassung des Covid-19-Gesetzes würden diese bewährten und oftmals überlebenswichtigen Instrumente Ende 2021 auslaufen. Der Bundesrat hat aber die Notwendigkeit einer Verlängerung erkannt und schlägt diese dem Parlament vor. Die in der Umfrage erhobenen Zahlen untermauern die Notwendigkeit einer Verlängerung: Die Resultate zeigen zwar eine leichte Erholung im laufenden Jahr, aber ein Kulturbetrieb, wie er vor der Pandemie war, ist auch 2022 nicht in Sicht: Nur gerade 21% der befragten Kulturschaffenden geben an, wieder ein vergleichbares Auftragsvolumen wie vor Corona zu haben. Bei 23% der Befragten sind die Buchungen und Aufträge für das Jahr 2022 im Vergleich zu den Vorjahren um die Hälfte reduziert, 42% der Befragten können nur noch 25% des üblichen Auftragsvolumens vorweisen. Auch bei den Kulturunternehmen zeichnet sich für das nächste Jahr zwar eine leichte Erholung ab; dennoch erwarten immer noch 45% einen Umsatz von höchstens 80% im Vergleich zur Zeit vor Corona.
Gleichzeitig geben 65% der befragten Kulturschaffenden an, dass sie auch 2022 noch auf die Unterstützungsmassnahmen angewiesen sein werden. Für mehr als die Hälfte würde sich deren wirtschaftliche Lage ohne Unterstützungen deutlich, stark oder sogar existenziell verschlechtern. Bei den Kulturunternehmen geben zwei Drittel und bei den Kulturvereinen 58% an, dass sie nächstes Jahr noch auf Unterstützungsmassnahmen – im Vordergrund stehen hier die Ausfallentschädigungen bzw. Finanzhilfen für Vereine in der Laienkultur – angewiesen sein werden.
Eine überdeutliche Absage wurde der Idee erteilt, anstelle der bewährten Mechanismen zu einem System mit rückzahlbaren Darlehen zu wechseln: Nur gerade 4% der befragten Unternehmen und 9% der Kulturvereine geben an, dass ihnen ein solches anstelle der bisherigen Instrumente helfen würde.
Funktionierendes Massnahmen-Paket soll weitergeführt werden
Das bisherige Unterstützungssystem für die Kulturschaffenden beruht auf den gesamtwirtschaftlichen Massnahmen (Corona-Erwerbsersatz, Kurzarbeit) und subsidiär auf den Kulturmassnahmen (Ausfallentschädigungen, Nothilfe). Gemäss der vorliegenden Umfrage gehen 60% der von den Covid-Folgen be¬troffenen Kulturschaffenden davon aus, dass sie weiterhin eine Form von Corona-Erwerbsersatz benötigen. Corona-Erwerbsersatz entschädigt u.a. jene Kulturschaffenden, Veranstaltenden, Technikerinnen und Agenturen, die wegen Covid-Massnahmen unverschuldet einen erheblichen Einnahmerückgang zu verzeichnen haben. Genau in diesen Berufen sind selbständig Erwerbende und befristete Anstellungsverträge eher die Norm als die Ausnahme. Bei der Ausfallentschädigung, die neben den konkreten Absagen auch Umsatzrückgänge auffangen kann, zeigt die Umfrage, dass viele weiterhin von Einschränkungen sowie Absagen und Verschiebungen ausgehen. Das hat wohl vor allem auch mit der international vernetzen Funktionsweise der Branche zu tun: Eine gesicherte Planung von Tourneen ist nach wie vor schwierig, was Kulturunternehmen mit Blick auf das kommende Jahr gleichermassen zu schaffen macht.
Die Taskforce Culture hofft zusammen mit der Bevölkerung und den Behörden, dass diese Pandemie und ihre einschneidenden Folgen bald bewältigt sein wird. Nun bitten wir das Parlament, die bisher gut funktionierenden Auffangnetze für unsere Branche weiterhin gespannt zu halten in der Hoffnung, dass sie von Monat zu Monat weniger benötigt werden. Damit wir alle auch in Zukunft eine vielfältige Kultur in der Schweiz erleben können.
Kontakt:
Stefan Breitenmoser, Geschäftsführer SMPA – Swiss Music Promoters Association, T 079 355 05 79, stefan.breitenmoser@smpa.ch